Die Insolvenz von Bristol: Auswirkungen auf den Schuhhandel in Belgien und den Niederlanden
In der zweiten Hälfte des Jahres 2024 meldete der Schuhhändler Bristol sowohl in Belgien als auch in den Niederlanden Insolvenz an. Bekannt für seine erschwinglichen Preise und seine breite Präsenz in Einkaufsstraßen, war Bristol lange Zeit ein fester Bestandteil des Schuhmarkts in beiden Ländern. Die Schließung stellte einen bedeutenden Einschnitt in der Einzelhandelslandschaft dar und führte zu einem veränderten Kundenverhalten sowie zu einer Verschiebung im Wettbewerb zwischen den verbliebenen Marktteilnehmern.
Mit Hilfe des MarketMonitor-Tools von Accurat analysierten wir Besucherzahlen und Besuchsmuster, um die Auswirkungen des Rückzugs von Bristol auf die Märkte in Belgien und den Niederlanden zu verstehen. Die Daten zeigen, wie sich die Kundenströme verlagert haben und welche Wettbewerber am meisten davon profitiert haben.
🇧🇪 Belgien: Von der Schließung zur Übernahme
Ein plötzlicher Rückzug
In Belgien wurde die Insolvenz von Bristol offiziell im September 2024 bekannt gegeben. Insgesamt wurden 114 Filialen geschlossen. Die Nachricht kam für viele Stammkunden überraschend, die sich an das breite, familienorientierte Angebot der Marke gewöhnt hatten. Doch die Schließung eröffnete schnell Chancen für andere Marktteilnehmer.
Chaussea übernimmt
Kurz nach der Ankündigung übernahm Chaussea, eine französische Schuhmarke, 57 der 114 belgischen Filialen – also die Hälfte des nationalen Bristol-Netzwerks. Diese strategische Übernahme verschaffte Chaussea nicht nur eine stärkere Präsenz in Belgien, sondern auch Zugang zu einigen der besten Standorte. Die Übernahme war Teil der Wachstumsstrategie von Chaussea auf dem belgischen Markt.
Was in Belgien besonders auffällt, ist, wie effektiv Chaussea diese Gelegenheit genutzt hat. Sie haben 50 % der Filialen übernommen und mehr als 50 % des vorherigen Besuchsvolumens von Bristol angezogen. Das ist ein klares Zeichen für eine erfolgreiche Filialumwandlung.
Wie sich die Besuche über die Marken verteilten
Bis zum ersten Quartal 2025 zeigten die Daten von Accurat, dass Chaussea mehr als die Hälfte der ehemaligen Kundenbesuche bei Bristol auf sich ziehen konnte. Obwohl nur 50 % der Filialen übernommen wurden, war die Besucherbindung überproportional hoch. Zusammen mit den bestehenden Filialen kontrolliert Chaussea nun mehr als die Hälfte des Marktanteils an Besuchen.
Die übrigen Besuche verteilten sich relativ gleichmäßig auf die verbleibenden Wettbewerber. Besonders hervor stachen Torfs und vanHaren. Während Torfs den größten Anteil in absoluten Zahlen gewann, zeigte vanHaren bei Bereinigung nach vorherigem Marktanteil die stärkste relative Zunahme.
Im Verhältnis zu ihrer Marktgröße verzeichnete vanHaren das stärkste Wachstum – ein klarer Beweis für den Erfolg, ehemalige Bristol-Kunden für sich zu gewinnen.
Erfolgreiche Umwandlung ehemaliger Bristol-Filialen
In den von Chaussea übernommenen Filialen kamen rund 76 % der Besucher zuvor regelmäßig zu Bristol. Darüber hinaus gelang es diesen Filialen, auch Kunden von Torfs, vanHaren und sogar Chausseas bestehenden Filialnetz anzuziehen – ein Zeichen für gelungene Kundenbindung und effektive Neukundengewinnung.
Diese neu übernommenen Filialen haben nicht nur frühere Bristol-Kunden gehalten, sondern auch neue Kunden anderer Marken gewonnen. Das zeigt, wie erfolgreich ein Rebranding und die Integration ins eigene Netzwerk sein können.
🇳🇱 Niederlande: Ein Markt ohne Übernahme
Vollständige Schließung, kein Neustart
In den Niederlanden meldete Bristol im August 2024 Insolvenz an. Anders als in Belgien gab es keine Übernahme und auch keine Fortführung der Geschäftsaktivitäten. Alle Filialen wurden dauerhaft geschlossen. Kein Unternehmen trat als Käufer auf. Der Markt musste die entstandene Lücke selbstständig auffangen.
Prognosen vs. tatsächliches Verhalten
Vor der Schließung erstellte Accurat Prognosen darüber, wie sich die Besucherströme von Bristol voraussichtlich verteilen würden. Auf Grundlage der Filialstandorte und der Kundenüberschneidungen wurde erwartet, dass Scapino den Großteil der Besuche auf sich ziehen würde, gefolgt von vanHaren.
Die tatsächlichen Daten zeigten jedoch einen anderen Trend. Obwohl Scapino in absoluten Zahlen die meisten Besuche verzeichnete, gewann vanHaren deutlich mehr als erwartet. Besonders bemerkenswert ist, dass sich vanHarens Besuchsanteil mehr als verdoppelte – ein Beleg für die starke Attraktivität der Marke und ihre schnelle Anpassungsfähigkeit.
Kundenverlagerung nach der Schließung
Ein Vergleich der Besuchsmuster sechs Monate vor und nach der Insolvenz zeigt: Scapino zog in absoluten Zahlen die meisten ehemaligen Bristol-Kunden an.
Wir hatten ursprünglich erwartet, dass Scapino am meisten profitieren würde, allein wegen seines Filialnetzes. Doch letztlich war es vanHaren, das unsere Erwartungen übertroffen hat. Ihr Marktanteil ist erheblich gestiegen.
Ein sich wandelndes Einzelhandelsumfeld
Die Schließung von Bristol hatte spürbare Auswirkungen auf die Schuhmärkte beider Länder – allerdings in unterschiedlicher Form.
In Belgien ermöglichte Chausseas Übernahme von 57 Filialen eine strukturierte Marktanpassung, bei der Kunden gezielt weitergeleitet wurden. Auch Torfs und vanHaren profitierten von der Umverteilung.
In den Niederlanden, wo keine Übernahme erfolgte, reagierte der Markt auf natürliche Weise. Marken wie vanHaren nutzten die Gelegenheit am besten – nicht durch Standortnähe, sondern durch Markenpositionierung und Relevanz für die Zielgruppe.
Datenbasierte Entscheidungen im Einzelhandel
Filialschließungen und Insolvenzen haben erhebliche Auswirkungen auf die Marktdynamik. Mit Tools wie MarketMonitor von Accurat können Marken Besucherströme analysieren, Kundenmigration nachvollziehen und schnell auf Veränderungen reagieren.