Supermärkte in Deutschland: Discounter auf dem Vormarsch, traditionelle Händler unter Druck

Von Januar 2024 bis September 2025 hat sich die deutsche Supermarktlandschaft weiter verändert – und der Trend ist eindeutig: Discounter gewinnen an Boden. Auf Basis des tatsächlichen Einkaufsverhaltens zeigt unsere Analyse, dass der Besuchsanteil der Discounter von 46,5 % auf 47,2 % gestiegen ist, während der Anteil der Vollsortimenter entsprechend zurückging.

Auf den ersten Blick mag diese Veränderung gering erscheinen, doch in einem Markt von der Größe und Wettbewerbsintensität Deutschlands bedeutet jedes Prozent Millionen von Einkaufsbesuchen. Gleichzeitig spiegelt sie eine breitere Konsumentenstimmung wider: Preisbewusstsein und Effizienz stehen im Vordergrund, während Inflation, Bequemlichkeit und Loyalität das Einkaufsverhalten der Deutschen neu prägen.

Discounter gewinnen an Dynamik

Im analysierten Zeitraum von 21 Monaten haben Discounter wie Penny, Aldi, Lidl, Netto Marken-Discount und Aldi Süd ihren relativen Anteil insgesamt erhöht. Besonders Penny konnte deutlich zulegen – von 3,7 % auf 4,4 % Besuchsanteil – während Lidl einen spürbaren Rückgang verzeichnete und von 14,7 % auf 13,4 % fiel.

Diese Entwicklung deckt sich mit aktuellen Branchennachrichten. Penny investiert in modernisierte Ladenkonzepte und erweitert insbesondere in städtischen Gebieten seine regionalen Sortimente. Lidl hingegen steht aufgrund seiner internationalen Expansion und laufender Filialmodernisierungen unter höherem Kostendruck – was sich auf die lokale Dynamik auswirkt.

Das Gesamtbild zeigt Widerstandsfähigkeit durch Erschwinglichkeit – ein Markenzeichen des deutschen Lebensmitteleinzelhandels, das insbesondere den Discountern weiterhin zugutekommt.

Edeka wächst, Rewe verliert leicht

Unter den Vollsortimentern kann Edeka seine Position weiter festigen und den Besuchsanteil leicht von 22,3 % auf 22,5 % steigern. Rewe hingegen verzeichnet im gleichen Zeitraum einen Rückgang auf 21,9 %. Kaufland bleibt mit rund 8,5 – 9 % stabil.

Edekas Wachstum spiegelt die dezentrale Struktur und die starke regionale Verankerung des Unternehmens wider – selbständige Händler können ihr Sortiment gezielt an lokale Bedürfnisse anpassen. Rewe investiert derweil stark in E-Commerce und Logistik. Diese Strategie stärkt zwar die Omnichannel-Präsenz, könnte jedoch kurzfristig die Aufmerksamkeit vom stationären Geschäft ablenken.

Selbst kleine Veränderungen im Besuchsanteil können den Wettbewerb in einem Markt wie Deutschland neu definieren. Die stärksten Marken sind jene, die Preis, Nähe und Vertrauen in Einklang bringen – und das konsequent, auch wenn sich die Erwartungen der Kunden verändern.

Bart Muskala, CEO Accurat

Regionale Unterschiede: Berlin und Saarland erzählen unterschiedliche Geschichten

Ein Blick auf die regionalen Dynamiken zeigt, dass Berlin und das Saarland zwei sehr unterschiedliche Supermarktlandschaften aufweisen.

In Berlin dominieren die Vollsortimenter: Edeka erreicht 27 % aller Besuche, gefolgt von Rewe (23 %) und Lidl (14 %).
Im Saarland zeigt sich ein anderes Bild: Aldi Süd liegt mit 25 % an der Spitze, gefolgt von Lidl (18 %) und Rewe (21 %).

Diese Unterschiede verdeutlichen, dass die Marktperformance deutscher Supermärkte stark lokal geprägt ist. Jede Region erzählt ihre eigene Geschichte – beeinflusst von Faktoren wie Filialdichte, Kundenverhalten und Wettbewerbsumfeld.

Loyalität und Besuchshäufigkeit: ein Zeichen des Vertrauens

Ein Blick auf die Wiederkehrraten (Besuchshäufigkeit) liefert zusätzliche Erkenntnisse. In Berlin verzeichnen Vollsortimenter wie Edeka und Rewe die treuesten Kunden – mit durchschnittlich über 3,3 Besuchen pro Monat –, während Discounter etwas geringere Wiederkehrraten aufweisen. Im Saarland hingegen liegen Aldi Süd und Lidl sogar über Rewe – ein klares Zeichen dafür, dass auch Discounter starke Kundentreue aufbauen können, insbesondere wenn Preis und Nähe stimmen.

Die Möglichkeit, diese Dynamiken regionenweise zu verfolgen, ist entscheidend. Händler können sich nicht mehr auf Durchschnittswerte verlassen – echtes Wachstum entsteht nur, wenn man lokale Entwicklungen versteht und schnell auf Veränderungen reagiert.

Maarten Vander Beken, Business Development Manager, Accurat

Das große Ganze

Die Entwicklung des deutschen Supermarktmarkts bestätigt, was viele bereits spüren: Das Konsumverhalten verschiebt sich stetig in Richtung wertorientierteres Einkaufen. In wirtschaftlich unsicheren Zeiten gewinnen Discounter an Bedeutung – nicht nur wegen niedriger Preise, sondern weil sie intelligenter, zugänglicher und regional relevanter geworden sind.

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